Einzigartiges Ökosystem
Ökologisch unterscheidet sich das Meer grundlegend von den Landökosystemen: Während dort die Verteilung der Lebensräumen wesentlich von der Verfügbarkeit von Sonnenenergie und Wasser abhängt (Die Lebensräume des Festlands), sind im Ozean Nährstoffe die entscheidenden Faktoren, vor allem Phosphor und Stickstoff. Daher sind die tropischen Meere größtenteils “blaue Wüsten”. Raue Meere, in denen aufsteigende Meeresströmungen Nährstoffe liefern, dagegen reiche Lebensräume. Den so ganz anderen Lebensbedingungen entsprechen auch Tiere und Pflanzen, die ganz anders sind als die an Land:
Die wichtigsten Pflanzen der Meere sind einzellige Algen, die so klein sind, dass sie mit bloßem Auge unsichtbar sind. Da sie so klein sind, schweben sie im Wasser und nutzen das Licht der oberen Wasserschichten, die von der Sonne beschienen werden. Die Formenvielfalt der Pflanzenwelt im Meer ist ohne Hilfsmittel kaum zu eralhnen; dagegen ist die Tierwelt bereits auf den ersten Blick äußerst arten- und formenreich: Nur in den Ozeanen gibt es zum Beispiel festsitzende Tiere, ermöglicht durch die Strömungen, die ihnen das Futter zutreiben. Manche von ihnen erinnern an Blumen – etwa die Korallenpolypen.
Besonders produktiv sind die flachen Küstengewässer über dem Festlandssockel (auch Schelfmeer genannt): Hier strömt Wasser, das auf dem Festland Minerale aus dem Boden und aus Gesteinen auswaschen konnte, in die Meere; durch Meeresströmungen werden die Nährstoffe in den offenen Ozean getragen. Im flachen Wasser und im oberen Bereich des offenen Ozeans, wo genug Sonnenlicht vorhanden ist, produzieren winzige Meerespflanzen, das Phytoplankton, Jahr für Jahr 20 Milliarden Tonnen Biomasse – dabei nehmen sie mindestens so viel Kohlendioxid auf wie alle Wälder der Erde zusammen.
Von den Pflanzen leben winzige Tiere (das Zooplankton), von diesen wiederum Schwarmfische wie Sardinen und Heringe; und von diesen dann größere Raubfische wie Thunfische, die ihrerseits Beute für Haie sind: Die enorme Produktivität ermöglicht lange Nahrungsketten, und die bewirken die biologische Vielfalt des Meeres. Wo dann noch aufsteigende Meeresströmungen (“upwellings”) Sedimente und damit weitere Mineralstoffe nach oben bringen, entstehen die reichsten Fischgründe; etwa auf dem Kontinentalschelf vor Neufundland, aber auch an den Küsten von Namibia, Mauretanien, Peru und Kalifornien. Die produktivsten Lebensräume des Meeres liegen alle in flachen Gewässern: an der Küste, wie Wattenmeer und Mangrovenwälder, die beide besonders vom Nährstoffreichtum an Flussmündungen profitieren; oder auch auf versunkenen Inseln, wie der artenreichste Lebensraum der Ozeane überhaupt, die tropischen Korallenriffe.