Lebensmittel, Vegetarische Kost

Vegetarische Kost

Vegetarisch-vegane Ernährung liegt im Trend. Sie wird zunehmend in den Medien thematisiert, es erscheinen die verschiedensten veganen Kochbücher und nicht zuletzt stehen immer mehr Produkte ohne Fleisch in den Supermarktregalen. Vegetarismus und Veganismus sind allerdings keine neuen Entdeckungen. Schon in der Antike ernährten sich ganze Gruppen fleischfrei. Im Folgenden geben wir einen Überblick zum geschichtlichen Verlauf des Vegetarismus von damals bis heute.

Ursprung: Vegetarismus in der Antike

Als die ersten historisch belegbaren Anhänger des Vegetarismus gelten die griechischen Orphiker, die um 600 v. Chr. lebten. Ihr Fleischverzicht war religiös-philosophischer Natur. Die Orphiker glaubten an die Wanderung und Wiedergeburt der Seele in menschlichen und tierischen Körpern nach dem Tod. Erlösung davon versprachen sie sich durch Askese und Reinigung, was unter anderem das Meiden von Fleisch, Eier und Wolle beinhaltete.

Eine ähnliche Auffassung vertrat der griechische Philosoph und Mathematiker Pythagoras, der im sechsten Jahrhundert v. Chr. gelebt hat. Er und einige seiner Schüler und Anhänger, die Pythagoreer, lebten vegetarisch. Ein berühmtes Zitat von Pythagoras lautet: „Alles, was der Mensch den Tieren antut, kommt auf den Menschen wieder zurück.“

Vegetarismus in Indien

Zur selben Zeit entstanden religiöse Strömungen wie der Jainismus in Indien. Gewaltlosigkeit gegenüber allen Lebewesen und somit die Nichtverletzung von Tieren galten als Ideale. Für die Ernährung sollten weder Tiere noch Pflanzen sterben.

Sowohl im Hinduismus als auch im Buddhismus spielte eine fleischfreie Ernährung stets eine Rolle. Auch heute noch ist das so. Obwohl der Fleischkonsum in Indien ansteigt, ist er im internationalen Vergleich sehr gering. 40 % der Bevölkerung ernähren sich vegetarisch-vegan.

Der Buddhismus ist besonders in Süd- und Ostasien verbreitet. Nicht alle Buddhisten sind Vegetarier, doch viele lehnen den Konsum von Fleisch ab. Buddha selbst soll gesagt haben: „Alle Lebewesen, seien sie groß oder klein, zwei- oder vierbeinig, ob sie schwimmen oder fliegen – sie alle haben das Recht zu leben. Wir dürfen andere Lebewesen nicht verletzen oder gar töten.“

Entwicklung des Vegetarismus in Europa

Soweit man weiß, verschwand mit dem Untergang der Antike auch die vegetarische Lebensweise in Europa. Fleisch galt lange Zeit als begehrtes Nahrungsmittel. Vereinzelt äußerten sich jedoch immer wieder namhafte Persönlichkeiten zu diesem Thema. Zu den bekanntesten Vegetariern wird Leonardo da Vinci (1452–1519) gezählt, der bereits in jüngsten Jahren den Verzehr von Fleisch ablehnte und den Menschen aufgrund seiner Ernährung als grausam bezeichnete.

Gründung der ersten Vegetarier-Organisationen

Ab dem 18. Jahrhundert kam die Geschichte des Vegetarismus mehr und mehr in Bewegung. Besonders in England und Amerika gab es Befürworter der fleischfreien Ernährung. Anfang des 19. Jahrhunderts wurde der erste Vegetarier-Verein in England gegründet. Vegetarische, sprich pflanzliche Kost wurde im Gegensatz zur nicht-vegetarischen Ernährung von ihren Anhängern als gesünder erachtet. Darüber hinaus gab es Theorien, dass der Verzehr von Fleisch den Menschen aggressiv mache. 1847 wurde schließlich die Vegetarian Society ins Leben gerufen, die bis heute besteht.

Der irische Dramatiker und Literat George Bernard Shaw (1856–1950) gehörte zu jenen, die sich öffentlich für den Vegetarismus aussprachen. Shaw verstand diesen nicht nur als persönliche Entscheidung, sondern auch als politische Angelegenheit. Von ihm stammt das berühmte Zitat „Tiere sind meine Freunde, und ich esse meine Freunde nicht!“. Dass er vor seiner Entscheidung, Vegetarier zu werden, Fleisch gegessen hatte, nannte er rückblickend „barbarisch“.

Nach dem englischen Vorbild wurde 1850 die American Vegetarian Society gegründet. Zu den Initiatoren zählte Sylvester Graham (1794–1851), der den berühmten Graham Cracker erfand und Wert auf eine vollwertige Ernährung mit viel frischem Gemüse und Obst sowie Vollkornprodukten legte.

Geschichte des Vegetarismus in Deutschland

In Deutschland griff unter anderem der Apotheker und Heilpraktiker Theodor Hahn (1824–1883) das Prinzip des Vegetarismus auf. Um 1860 machte er die fleischfreie Ernährung zur Grundlage der Behandlung seiner Patienten und des weiteren gesunden Lebens. Moralische und gesundheitliche Aspekte waren von nun an maßgebliche Pfeiler der vegetarischen Bewegung.

1867 wurde in Nordhausen der „Verein für natürliche Lebensweise“ gegründet. Der Verein wuchs und die vegetarische Bewegung gewann an Bedeutung, sodass er sich 1892 mit weiteren Verbänden in Leipzig zum VEBU zusammenschloss. Mehr dazu im Artikel „Geschichte des VEBU“.

1908 fand in Dresden der erste internationale Vegetarierkongress statt, in dessen Zuge die International Vegetarian Union (IVU) entstand. In der IVU sind verschiedene Organisationen vereint; seit der Gründung werden weltweit Treffen abgehalten. 2015 fand das „43. World VegFest“ in Australien statt.

Geschichte des Veganismus

Ging es in der Geschichte des Vegetarismus vorwiegend um die Abkehr vom Fleischkonsum, so gab es auch bereits vor einigen Jahrzehnten Stimmen, die sich gegen die Verwendung sämtlicher Tierprodukte aussprachen. Einer von ihnen war der Studienrat Bruno Wolff, der 1931 zum Vorsitzenden des VEBU gewählt wurde. Die Lebensweise frei von jeglichen Tierprodukten wurde als „neuer zukunftsweisender Hochvegetarismus“ bezeichnet.

1944 ging aus der englischen Vegetarian Society die Vegan Society hervor, die bis heute besteht und als älteste vegane Organisation der Welt gilt. Gründer Donald Watson (1910–2005) erfand die Bezeichnung „vegan“, indem er den Begriff aus den Anfangsbuchstaben und dem Ende von „veg-etari-an“ zusammensetzte.

Die ersten veganen Kochbücher

Das erste Kochbuch, welches das Wort „vegan“ im Titel trug, war das 1946 veröffentlichte Werk „Vegan Recipes“ („Vegane Rezepte“) von Fay K. Henderson. Tatsächlich wurden schon in „Kitchen Philosophy for Vegetarians“ („Küchenphilosophie für Vegetarier“) von William Horsell, das 1849 in England erschien, ausschließlich pflanzliche Zutaten verwendet.

In den USA erschien 1874 das erste vegane Kochbuch unter dem Titel „The Hygeian Home Cook-Book; or, Healthful and Palatable Food Without Condiments“ („Das gesunde Heimkochbuch; oder: Gesundes und schmackhaftes Essen ohne Gewürze“) von Russell Thacher Trall, der 24 Jahre zuvor einer der Gründungsmitglieder der American Vegetarian Society war.

Die Gegenwart: prominente Vegetarier und Veganer

Auch immer mehr Prominente wie Schauspieler, Musiker und Sportler leben vegetarisch beziehungsweise vegan und sprechen öffentlich über ihre Beweggründe. Sänger und Ex-Beatle Paul McCartney ruft beispielsweise in dem Song „Meat Free Monday“ zu einem fleischfreien Tag in der Woche auf. Die gleichnamige Kampagne setzt sich weltweit dafür ein, den Klimawandel zu verlangsamen und den Fleischkonsum zu reduzieren.

Bei manchen basiert die Popularität gar auf der Lebensweise; so wie bei den Vegan-Köchen Björn Moschinski, Attila Hildmann und Jerôme Eckmeier. Sie sind nicht nur in der Szene bestens bekannt, sondern überzeugen auch die Massen mit ihren Kochshows auf diversen Veranstaltungen wie veganen Sommerfesten und Veggie-Messen. In ihren Kochbüchern zeigen sie die Vorteile einer veganen Ernährung auf und beweisen, dass der Genuss dabei nicht zu kurz kommt.

Eine Liste von vegetarisch und vegan lebenden Personen findet sich hier: Prominente Veggies

Vegetarismus und Veganismus weltweit

Studien zufolge leben immer mehr Menschen vegetarisch und vegan. Der VEBU geht derzeit von rund 8 % Vegetariern in Deutschland aus. Deutschland liegt damit weit vor Ländern wie Frankreich, Belgien und Spanien, in denen nur etwa 2 % der Gesamtbevölkerung Vegetarier sind. Die USA kommen auf 4 %, in Großbritannien lag der Anteil 2009 bei gerade 3 %.

Der weltweite Spitzenreiter ist Indien, wo 40 % der Menschen Vegetarier sind. Nicht zuletzt liegt dies auch am Einfluss der Religionen, wie zuvor berichtet. Die Stadt Palitana im indischen Bundesstaat Gujarat ist seit 2014 sogar die erste Stadt der Welt, in der vollständig vegetarisch gegessen und gelebt wird. Die dortigen Jain-Mönche traten in Hungerstreik und erreichten so bei der Stadtverwaltung, die Schlachtung von Tieren und den Verkauf von Fleisch und Eiern unter Strafe zu stellen.